aargau eins A 2/2019

41 2.2019 aargau eins A «Ich kann mich am besten visuell ausdrücken, und ich kann viel von mir lernen.» eine mehrteilige multimediale Installation, die aus Fotografien, einem raumgreifenden Objekt sowie einer Video- und Audio- arbeit besteht. Mit feinem Gespür für Materialität und Form erforscht die junge Frau die architektonischen Strukturen des Kunsthauses Glarus, des Östergötlands Museums in Linköping und des Museums Boijmans Van Beuningen in Rotterdam. Die präsentierten Arbeiten schaffen Verbindungslinien zum Aargauer Kunsthaus und zeugen von einer Lust am Umgang mit einem minimalistischen Formenrepertoire. Für Veronika Spierenburg ist die Frage «Was löst einRaum aus? Was sagt er mir?» zentral. Für die Kunstbibliothek im Sit- terwerk St. Gallen konzipiert sie die Ausstellung «Between Handle and Blade», die aus einzelnen Interventionen besteht, die sich mit der Materie Buch im weitesten Sinn auseinan- dersetzen. Schwerpunkt dieser Ausstellung ist ein 2,20 Me- ter hohes Leserad aus Metall – ein Verweis auf den Ingenieur Agostino Ramelli, der den Plan einer maschinellen Lesehilfe um 1588 gezeichnet hat. Von der Ostschweiz zurück in den Aargau: Vor drei Jahren realisiert Veronika Spierenburg in der Strafanstalt Lenzburg das Kunst-und-Bau-Werk «Hin und zu- rück» aus 176’175 Mosaiksteinen. Nach dem Badener «Kunst und Bau» im Metroshop wird die Künstlerin gemeinsam mit einem portugiesischen Kollegen einen Film über Küstenlandschaften und Kleinfischerei wei- terführen, an dem sie seit 2017 arbeitet. Aufführungsort: ein Museum in Lissabon. Für die Beantwortung der Frage, wes- halb sie Kunst macht und was sie mit dieser erreichen will, lässt sich Veronika Spierenburg Zeit. Zerreden will sie das Thema nicht. Deshalb – wiederum sympathisch «einfach und unauf- geregt» – stichwortartig dies: «Ich kann mich am besten visu- ell ausdrücken, und ich kann viel von mir lernen. Es ist eine Art Selbsterforschung; ich spüre eine enorme Energie und Eigenständigkeit; ich spinne Gedanken weiter, folge eigenen In- puts und ich finde es schön, eine Spur aufzunehmen.» inne, spricht dann von einer «extremen Situation, die mir aber den Weg gewiesen hat: ansonsten wäre ich eine kommerzielle Fotografin geworden». Das wird sie nicht, denn ihre fotografische Ausbildung in Amsterdam hat ihr, die während ihrer Studienzeit viele kleine Videos gemacht hat, gezeigt: «Fotografie kann man einbinden in andere Medien.» Veronika Spierenburgs weitere Stationen zeugen von der Neugierde undOffenheit einer wissbegierigen jungen Frau, die immerzu aufnehmen und beobachtenwill: Sie macht ein Praktikum in Paris, um Einblick in die damals noch von Männern beherrschte Modefotografie zu bekommen; sie studiert am Central Saint Martins College of Art and Design in London (macht dort ihren Master), bekommt ein Stipen- dium für eine sechswöchige Residenz in Peking und merkt: «Ich funktioniere auch in wildfremden Städten und mit Men- schen, deren Sprache ich nicht spreche.» Veronika Spierenburg nimmt unverzüglich Kontakt mit der chinesischen Kunstszene auf und wird mit einer völlig anderen Welt von Kunst konfrontiert. Obwohl ihr nur we- nig Zeit bleibt, nutzt sie diese intensiv bis zu ihrer Rückkehr nach London. 2008 der Einbruch: Die Finanzkrise ergreift die ganze Welt; imKunstmekka London schliessen viele Galerien – Veronika Spierenburg sieht kein künstlerisches Überleben für sich. Deshalb kehrt sie in die Schweiz zurück, muss hier alles wieder auf bauen und neue Beziehungen knüpfen. Aber: Sie kommt nicht mehr als dieselbe zurück wie bei ihremWegzug aus der Heimat – jetzt ist sie eine Künstlerin, die erfolgreich unter anderem in Helsinki ausgestellt hat. In der Schweiz stellt sie mehrfach in der «Auswahl» des Aargauer Kunsthauses aus, «denn damit wird man sichtbar». Anfang 2013 wird ihr der Manor Kunstpreis zugesprochen, der mit einer Einzelausstel- lung im erwähnten Kunsthaus verbunden ist. Ausgehend von ihrer Faszination für Museumsarchitek- tur, entwickelt Veronika Spierenburg für die Schau in Aarau

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